Nachhaltigkeit – versteht keiner, ist aber so!

„Nachhaltigkeit“ – versteht keiner, ist aber so!

Das Business Frauencenter widmet sich im Monat April dem wichtigen Thema Nachhaltigkeit. Als Expertin im Netzwerk, durfte ich dazu ein paar Gedanken äußern. 

Nachhaltigkeit ist kein nice-to-have mehr, sondern ein must-have für jedes Unternehmen, das erfolgreich am Markt etabliert sein möchte.

Nachhaltigkeit – versteht keiner, ist aber so

Immer wenn ich erzähle, dass ich mich selbstständig gemacht habe, um Unternehmen dabei zu unterstützen, ihr Nachhaltigkeitsengagement weiterzuentwickeln, höre ich Sätze wie: „Das ist DAS Thema der Zukunft. Sooo wichtig. Tolle Entscheidung!“ In Aufträgen schlägt sich diese Begeisterung nur selten nieder. Aber warum ist das so? Warum sehen viele nicht das Potential, das ich sehe? Oder bin ich vielleicht am Holzweg? Darüber habe ich natürlich viel nachgedacht. Mit dem Ergebnis: Nachhaltigkeit versteht keiner – zumindest nur sehr wenige.

Der Begriff Nachhaltigkeit ist alles- und nichtssagend. Er ist nicht griffig. Das ist auch der Grund, warum so wenige etwas damit anfangen können. Wenn ich mich beispielsweise als Texterin selbstständig gemacht hätte, wüssten die Kunden, dass sie für ihr Geld einen Text bekommen. Punkt. Ganz einfach, klar und verständlich. Man könnte pro Wort, pro Seite, pro Magazin abrechnen. Und anhand der Anzahl der Leser und der Rückmeldungen, könnte man das Ergebnis auch noch messen. Aber was bekommen Unternehmen, wenn sie Nachhaltigkeit „kaufen“? In was investieren sie da ihr Geld?

Vielleicht kann ich hier ein bisschen Aufklärungsarbeit leisten und einen Einblick geben, was dieses große Wort Nachhaltigkeit wirklich bedeutet, welchen Mehrwert ein nachhaltiges Geschäftsmodell bietet und warum es kein nice-to-have mehr ist, sondern essentiell für den Erfolg des Unternehmens.

Ein Licht geht auf – natürlich aus Strom aus erneuerbaren Energien

Zuallererst mal: Nachhaltigkeit bedeutet nicht (oder nicht nur) Strom sparen, Müll trennen und regional einkaufen. Die Vielfalt dieses Themas geht weit darüber hinaus. Der Umgang mit den Mitarbeitern, Diversitymanagement, die Verankerung und Präsenz des Unternehmens in der Region, Innovationsmanagement, Kommunikation und Lieferantenbeziehungen zählen genauso dazu, wie eine ressourcenschonende Produktentwicklung, Biodiversität und die Auswahl des Kaffeeangebotes für Mitarbeiter. Ein vielfältiges, spannendes und abwechslungsreiches Thema.

Doch fällt es Unternehmen oft schwer, das Thema Nachhaltigkeit auf das eigene Unternehmen runterbrechen. Was heißt das für das eigene Unternehmen? Was muss man tun und wo fängt man damit an? Es ist zu unnahbar, zu weit weg, zu viel.

Regelmäßig passiert es in Gesprächen bzw. Beratungen zum das Thema Nachhaltigkeit, dass ich geradezu beobachten kann, wie meinem Gegenüber ein Licht aufgeht. Wie ich langsam merke, dass meine Gesprächspartner anfangen zu verstehen, um was es eigentlich geht. Wie sie das Potential erkennen, das das Thema für sie und ihr Unternehmen bereithält. Die Augen beginnen zu leuchten und oft kommt dann der Satz: „Eigentlich machen wir ja schon einiges im Bereich Nachhaltigkeit. Das war mir gar nicht bewusst.“ Und wie das Rädchen sich dann weiterdreht und plötzlich Ideen kommen, was noch alles möglich wäre. Oft sogar ohne großen finanziellen Aufwand oder viel men- bzw. womenpower. Die Erkenntnis, dass manchmal eine kleine Prozessumstellung einen großen Einfluss auf die Umwelt hat oder eine Feedback-Box für Mitarbeiter das Betriebsklima und die Fluktuation stark verbessern, kommt dann ganz schnell.

Ich habe gelernt, dass es wichtig ist, dieses „große“ Wort, in kleine Maßnahmen runter zu brechen. In konkrete Beispiele, mit denen Unternehmen was anfangen können. Die greifbar sind und nicht auf wissenschaftlicher Flughöhe.  

Eine gute Orientierung, was Nachhaltigkeit alles beinhaltet, bieten auch die Sustainable Development Goals – die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Sie veranschaulichen, was man als Unternehmen, aber auch als Privatperson, alles tun kann, um einen Beitrag für eine lebenswertere Welt zu leisten.

Wenn ein Unternehmen am Anfang steht und mit dem Thema starten möchte, ist es im ersten Schritt wichtig, den IST-Stand des aktuellen Nachhaltigkeitsengagements herauszufinden. Um das zu tun, stelle ich einen kostenlosen und unverbindlichen Nachhaltigkeits-Quick-Check auf meiner Homepage zur Verfügung. Dieser gliedert sich in die Bereiche Ökologie, Ökonomie, Soziales und Kommunikation und gibt den Unternehmen einen guten Überblick, wie vielfältig das Thema Nachhaltigkeit ist und wie weit sie schon im Thema drin sind. Auf Basis dieser Ergebnisse kann dann gemeinsam weitergearbeitet werden.

Nachhaltigkeit ist kein nice-to-have mehr

In vielen Unternehmen passiert folgendes: Eine junge Kollegin wird mit dem Thema Nachhaltigkeit betraut – ja, Nachhaltigkeit ist meistens weiblich (zumindest wenn es ums hackeln geht). Sie soll sich schlau machen, was dieses „Nachhaltigkeit“ eigentlich heißt und ob es dem Unternehmen was bringt, sich da ein wenig zu engagieren. Soll aber nicht viel kosten und die anderen Kollegen sollen damit auch nicht belästigt werden.

Vielleicht schafft sie es, die großen Herren – ja, die Entscheidungsträger sind meistens männlich –  davon zu überzeugen, dass man sich dem Thema annehmen sollte und es nicht schaden kann, sich damit ein wenig auseinanderzusetzen. Und wenn sie Glück hat, bekommt sie ein kleines Budget. Die hervorragenden Ergebnisse, die die Kollegin trotz viel Gegenwind, wenig Budget und dem immer vorhandenen leicht süffisanten Lächeln vieler Kollegen, die das Thema für nicht wichtig halten, erzielt hat, werden dann von den Chefs mit geschwollener Brust und voller Stolz, präsentiert. Welcome to reality. Doch wenn der erste Schritt, der Einstieg ins Thema, nur so möglich ist, dann ist es in Ordnung. Besser als nichts. Mein Wunsch wäre es allerdings, dass die Führungsebene, die Leader, diesen Weg der Nachhaltigkeit vorausgehen. Dass sie eine klare Vision haben und den Mitarbeitern und Kunden zeigen, wo die Reise hingeht.

Spenden an Hilfsorganisationen, einmal im Jahr einen Baum pflanzen oder Kekse backen im Altersheim sind nett, aber kein ernsthaft betriebenes Nachhaltigkeitsmanagement. Schnell einen Insta-Post machen und alle nett lächeln. Das ist zu wenig.

Mir geht es darum, den Unternehmen klar zu machen, dass Nachhaltigkeit kein nice-to-have mehr ist. Mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell kann man Geld verdienen. Der nachhaltige Umgang mit den Mitarbeitern ist essentiell für ein gutes Betriebsklima und die Gesundheit, was wiederum die Außenwirkung des Unternehmens und die Fluktuation bzw. Krankenstände beeinflusst. Ein klares, auf Nachhaltigkeit ausgelegtes Sponsoringkonzept zahlt auf das Image des Unternehmens ein. Ein transparenter und nachhaltiger Produktkreislauf schaffen Vertrauen beim Kunden und den Stakeholdern. Und und und… Außerdem wird es in ein paar Jahren egal sein, wieviel Geld am Firmenkonto ist, wenn jetzt nichts gegen die akute Klimakrise und die teilweise grausamen Lebensbedingungen vieler Menschen getan wird. Denn dagegen gibt es keine Impfung.

Unternehmen, die nicht ernsthaft nachhaltig agieren, haben künftig keine Überlebenschancen am Markt. Die Kunden, die Lieferanten, die Stakeholder und hoffentlich auch bald die Politik, werden es nicht mehr erlauben. Es wird nicht mehr funktionieren, unseren Müll in den Meeren zu verstecken oder nach Indien oder Afrika zu schicken. Eiswürfel aus Polen, Erdbeeren aus Uganda und T-Shirts um 3 Euro dürfen in unseren Regalen keinen Platz mehr finden. Wir alle können dazu einen Beitrag leisten. Die Nachfrage bestimmt das Angebot.

 

Der Butterfly-Effekt

In den Köpfen der Menschen muss auf alle Fälle ein Umdenken stattfinden. Es liegt noch viel Arbeit vor uns. Ich glaube, dass wir verstehen müssen, dass wir Teil dieser Welt sind, und nicht die Herrscher darüber. Wir sind nicht besser oder schlechter als ein anderer Mensch, ein Tier oder eine Pflanze. Alles steht miteinander in Verbindung. Ein Flügelschlag eines Schmetterlings in Kärnten, kann einen Wirbelsturm in Orlando auslösen. Der freundliche Umgang mit einem Mitarbeiter und die Werte, die im Unternehmen vermittelt werden, wirkt sich auch auf das Familienleben und die Art und Weise, wie die Kinder erzogen werden, aus. Vielleicht ist gerade dieses Kind die nächste Bundeskanzlerin und kann Einfluss auf die großen Entscheidungen nehmen. Die Eiswürfel aus Polen, die bei uns im Regal zu finden sind, hinterlassen einen nicht unerheblichen Fußabdruck.

Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das nicht im Einklang mit der Natur lebt, sondern sie zerstört. Er nimmt sich viel mehr, als er eigentlich braucht und lässt andere Menschen verhungern. Obwohl eigentlich für alle genug da wäre. Der große Zusammenhang ist nur sehr wenigen bewusst. Es geht immer nur um Wirtschaftswachstum und Gewinn. Es ist wirklich traurig, das mitansehen zu müssen.

Oft ist der Umgang mit der Umwelt, den Menschen in unserer Umgebung und unserem Umfeld ein Spiegel des Umgangs mit uns selbst. Höher, schneller, weiter. Immer busy und keine Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Ein Leben am Energie-Limit und kein Platz für Erholung. Wie sollen wir die Ressourcen der Erde schätzen und beschützen und im Umgang mit anderen Menschen empathisch und verständnisvoll sein, wenn wir das nicht mal mit uns selbst schaffen? Deshalb: Ein nachhaltiger Umgang mit uns selbst fördert auch ein nachhaltiges Handeln im Umgang mit anderen Menschen, Unternehmen und der Umwelt.

Der Mensch, der hinter dem Unternehmen steht, trifft die Entscheidungen. Wenn sein Mindset stimmt, stimmt auch die Ausrichtung des Unternehmens.

„Tue Gutes und sprich darüber“. Werte sind WERTVOLL

Weg von meinen philosophischen Ergüssen wieder hin zu der konkreten Anwendung des Themas Nachhaltigkeit im Unternehmen. Es gibt einige Unternehmen, die in ihrer Entwicklung im Bereich Nachhaltigkeit schon etwas weiter sind. Sie haben schon eine Nachhaltigkeits- oder CSR-Strategie und leisten einen Beitrag für ein nachhaltiges Miteinander. Diese Unternehmen brauchen oft Unterstützung in der Kommunikation. „Tue Gutes und sprich darüber“. Die Erarbeitung eines Berichtes oder Magazins, Bewusstseinsbildung bei den Mitarbeitern, Stakeholderkommunikation oder die Neuausrichtung von Homepageinhalten. Es gibt hier kein Schema F.

Wichtig ist, dass die Unternehmen wissen, wer sie eigentlich sind. Das klingt vielleicht etwas komisch, aber es gibt sehr viele Unternehmen, die nicht wissen, wofür das eigene Unternehmen eigentlich steht. Welche Werte und Wertvorstellungen kommuniziert und gelebt werden sollen. Setzen Sie sich einmal in Ruhe hin und überlegen Sie sich, für welche Werte Ihr Unternehmen steht. Welchen Wertvorstellungen soll ihr unternehmerisches Tun entsprechen? Ist es Zusammenhalt, Sicherheit, Nachhaltigkeit und Freundlichkeit. Oder doch eher Innovation, Regionalität und Mitarbeiterzufriedenheit?

Wenn Sie sich darüber im Klaren sind, und wissen, wie ihr Unternehmen nach innen und nach außen wahrgenommen werden soll, wird jede weiter Entscheidung ganz automatisch mit der Vereinbarkeit dieser Werte abgeglichen. Gelebte, mit Leben erfüllte und klar kommunizierte Werte sind, sowohl für den Mitarbeiter, als auch für den Kunden, eine Orientierung und ein Mehrwert im Miteinander.

In der Kommunikation merkt man recht schnell, ob ein Unternehmen ernsthaft versteht, um was es geht und wofür es steht, oder ob es green-washing betreibt. Man merkt auch, ob Nachhaltigkeit in der DNA angekommen ist oder nur oberflächlich behandelt wird. Im besten Fall ist die Kommunikation nur noch das Ergebnis aller Maßnahmen, die das Unternehmen bereits umgesetzt hat.

Fazit

Nachhaltigkeit ist nicht schwer zu verstehen, wenn man sich die Mühe macht, hinter dieses große Wort zu blicken. Wenn man erkennt, dass gewisse Dinge logisch und meistens mit keinem großen Mehraufwand verbunden sind. Dass oft nur die Änderung des Blickwinkels große, innovative und nachhaltige Prozesse und Produkte entstehen lässt.

In diesem Sinne – #letsmaketheworldabetterplace – together!