12 Mai Interview – Dr. Iris Straßer
„Die Chance einer Zäsur in dieser Dimension kommt wohl nicht wieder.“
Iris Straßer ist mit dem Netzwerk Verantwortung zeigen! seit 2007 „Gut für die Gesellschaft“ und „Stark in Nachhaltigkeit“.
Die Expertin ist für Unternehmen im Süden Österreichs (und teilweise darüber hinaus) DIE Ansprechpartnerin, wenn es um Nachhaltigkeit, gesellschaftliche Verantwortung und soziales Engagement geht.
Was hat sich seit Beginn der Krise für dich persönlich und/oder dein Unternehmen verändert? Hat sich was verändert?
Homeoffice mit virtuellen Verbindungen zum Team, zu Hause Ruhe zum Arbeiten finden, weil meine Kinder schon groß sind. Beruflich den Terminkalender von einem Tag auf den anderen von Voll auf Leer stellen und ganz neue Pläne für das Jahresprogramm im Netzwerk machen, weil nicht abschätzbar ist, wann und in welcher Weise übliche Veranstaltungen und Aktionen wieder durchführbar sind.
Wertvolle Erfahrungen in der Zusammenarbeit, weil ich in Verena eine Verbündete gefunden habe, unsere Nachhaltigkeitsangebote für Unternehmen weiter zu entwickeln. Ich entwickle Neues gerne im Gespräch und sie bringt ganz viel ihrer Erfahrung ein. Ich schaue nicht auf die Uhr, wenn ich an guten Ideen und Projekten arbeite, sie tut das auch nicht. Dafür bin ich sehr dankbar und schätze das sehr. Das ist besonders.
Gibt es für dich auch positive Aspekte der aktuellen Krise (natürlich ohne Berücksichtigung der dramatischen gesundheitlichen Auswirkungen)?
Einmal Zeit haben, zu denken. Vieles neu und anders zu denken. Bei uns im Verantwortung zeigen! Netzwerk sind viele Aktivitäten alljährlich wiederkehrend, das Jahr gibt einen klaren Rahmen vor und gibt auch vor, in welcher Weise wir mit unseren Partnern in Verbindung stehen.
Besonders gilt das für die landesweiten Engagementtage, die immer im Juni stattfinden und für die Mitte März die Vorbereitungen voll angelaufen waren. Hunderte Projekte sozialer Organisationen, die auf tatkräftige Firmenteams warteten und teilweise schon vorbereitet waren. Tradition schon für viele, die mitwirken.
Als diese übliche Verbindung unterbrochen wurde und klar war, dass der Juni nicht hält, war Zeit, neu nachzudenken, wie wir das Menschliche, die Begegnung, das Miteinander auch in anderer Weise organisieren können. Viele Gespräche im Team, viele Telefonate und Hineinhören in die neuen Lebenswirklichkeiten der verschiedenen Unternehmen und Organisationen. Das ganze Spektrum war und ist da sichtbar: Unternehmen, die mit 350% arbeiten und andere, die gezwungen sind, auf 0% herunterzufahren. Rahmenvorgaben, die sich täglich ändern. Und hier unsere Angebote neu zu denken, das war für mich, da ich konzeptionell sehr gerne arbeite, fast eine Freude. Und das Ergebnis war es auch und ist es nach wie vor – sehr viel positive Resonanz, große Vorfreude aller auf das, was kommt. Ein Vertrauensbeweis unserer Partner an uns, der mich sehr dankbar sein lässt.
Iris´s Straßer:
„Ich ziehe vor allen Menschen den Hut, die verborgen und ganz selbstverständlich ganz Großes geleistet haben in den letzten Wochen.“
Hat aus deiner Sicht in der Wirtschaft, in der Politik bzw. in deinem privaten Umfeld ein Umdenken Richtung nachhaltiger Entwicklung stattgefunden? -> sprich Regionalität, Kaufverhalten, Einstellung zur Globalisierung,…
Ich habe die Wochen über gehofft, das sich die Einstellung in der öffentlichen Meinung spürbar ändern wird in Richtung bewussterem Lebensstil und Konsum, bin aber nun wieder skeptisch. Wir machen als Menschen gleich weiter wie vorher. Schade, die Chance einer Zäsur in dieser Dimension kommt wohl nicht wieder. Ob wir die Learnings über den zielgerichteten und mutigen Umgang mit einer Krise von Corona für die Klimakrise mitnehmen? Auf Expertenmeinungen hören und danach politisch entscheiden – rasch und klar, das wär‘s. Sehen und hoffen wir. Es kann nur jeder an seiner Stelle etwas ändern und Bewusstsein schaffen. Wir versuchen unseren Beitrag im Netzwerk Verantwortung zeigen! mit vielen engagierten Menschen zu leisten.
Ist es aus deiner Sicht erstrebenswert zur Situation „vor Corona“ zurückzukehren, oder sollte sich etwas verändern – regional/global/privat/in der Wirtschaft?
Wir haben genau das im Verantwortung zeigen! Netzwerk Führungskräfte gefragt. Die Resonanz auf die Interviewserie „Chancen sehen“, wie sie heißt, war groß. Und der Tenor der Aussagen lautete: Wir müssen bewusster werden, sorgsamer umgehen mit Ressourcen und uns besinnen auf das, was wir brauchen und uns gut tut.
Wir haben auch nach einem Motto für die Zeit nach Corona gefragt. Eine Aussage möchte ich zitieren, weil sie sich mir besonders eingeprägt hat. Timm Bodner von der Antenne Kärnten hat gesagt: Wir müssen von einem „Schneller, höher, weiter“ zu einem „Überlegter, wertschätzender und ehrfürchtiger“. Dem kann ich nichts hinzufügen.
Und alle Beiträge gibt es ab kommender Woche über die Kanäle des VZ Netzwerks auch zum Nachlesen.
Möchtest du noch etwas ergänzen?
Ich habe das Privileg, dass wie schon angesprochen meine Kinder schon erwachsen sind – Homeschooling mit 3 Kids wäre doch sehr anspruchsvoll gewesen 😉 , wir in einem Haus wohnen, einen Garten haben und auch jetzt genug Platz im Altbaubüro. Viele Menschen haben in den letzten Wochen so viel Kraft aufgewendet für ihre Kinder, für das Leben auf engem Raum in der Familie, müssen mit wenig Arbeit und wenig Geld auskommen. Vor allem aber gibt es Menschen in großer Perspektivenlosigkeit, Einsamkeit und Angst. Denen wünsche ich viel Kraft und das Wissen, dass es immer wieder bergauf geht. Ich ziehe vor allen Menschen den Hut, die verborgen und ganz selbstverständlich ganz Großes geleistet haben in den letzten Wochen.
Verantwortung zeigen! ist…
… Ansprechpartner für Unternehmen, die verantwortlich wirtschaften und beitragen wollen, dass Wirtschaft und Gesellschaft gut verbunden bleiben.
Daten und Fakten zum Unternehmen:
Gründung (Jahr): 1999
Mitarbeiteranzahl: ein kleines feines Team
Tätigkeitsfeld/Unternehmenszweck: Netzwerk für Nachhaltigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft
Homepage: www.verantwortung-zeigen.at
Kontakt: iris.strasser@verantwortung-zeigen.at