Interview – Manuela Mark

„War die Welt vor Corona, wirklich besser?“

Fotocredit: Roland Scharf

Manuela Mark ist seit Anfang 2020 als Werbetexterin selbstständig.

Die Powerfrau steckt ganz viel Emotion und Leidenschaft in ihre Arbeit und ist ein großer Fan der heimischen, regionalen Wirtschaft – und das nicht erst seit Corona. Im Interview erzählt sie, was sich seit Corona für sie verändert hat und welche positiven Aspekte sie daraus mitnimmt…

Was hat sich seit Beginn der Krise für dich persönlich und/oder dein Unternehmen verändert? Hat sich was verändert?

Sowohl unternehmerisch, als auch persönlich konnte ich verschiedene Entwicklungen wahrnehmen. Vom erdrückenden Weltschmerz, über pessimistisch-realistische Sichtweisen, bis zum absoluten Motivations-Kick à la „ich rette die Welt“ war alles dabei. Natürlich war und ist die Krise finanziell zu spüren, man wird beim Arbeiten aber sehr schnell flexibel und passt sich der Situation an. Ich habe mein Unternehmen erst zu Beginn des Jahres gegründet – auf den ersten Schock folgte rasches Umdenken. Viele Tage und Nächte waren von Angst geprägt, besonders gerührt war ich aber stets vom unbändigen Zusammenhalt, der sich zwischen Personen aus unterschiedlichsten Positionen aufgetan hat! Für mich persönlich eine harte Prüfung, auf die ich in ein paar Jahren hoffentlich mit Stolz zurückblicken kann. Ich gehöre ganz klar zu den Menschen, die sehr viel Emotion und Leidenschaft in ihre Arbeit stecken und bin mir sicher, dass diese Krise das noch vertieft hat. Die Menschen sehen, nicht den Auftrag – eine Sichtweise, die zwar schon zuvor Teil meiner Unternehmensphilosophie war, jetzt aber sicherlich auf ewig darin verankert wird.

Gibt es für dich auch positive Aspekte der aktuellen Krise (natürlich ohne Berücksichtigung der dramatischen gesundheitlichen Auswirkungen)?

YES! Für uns alle ist diese Krise geschenkte Zeit. Eine Zeit, sich mit sich selbst auseinander zu setzen. Die plötzliche Entschleunigung wurde vielleicht im ersten Moment als Blockade oder Einschränkung empfunden. Was gerade passiert ist aber nur eine Momentaufnahme, die uns von der schnelllebigen Hektik und Kurzlebigkeit aufatmen lässt. Sich Zeit nehmen für Dinge, die sonst auf der Strecke geblieben wären. Zu lernen, wie wichtig Zusammenhalt, Dankbarkeit und Rücksicht sind – das habe ich in unserer Gesellschaft schon länger vermisst. Gemeinsam lässt sich so viel mehr erreichen, das macht diese Situation sehr deutlich. Außerdem hat sich für mich persönlich der Kontakt zu Familie und Freunden trotz Social Distancing eher intensiviert. Ich lebe seit acht Jahren in Kärnten und habe es zum ersten Mal geschafft, eine Videokonferenz mit meiner Familie in Wien zu starten!

Manu´s Buchtipps:
„Die Eleganz des Igels“ von Muriel Barbery, „Die Bücherdiebin“
v
on Markus Zusak und alle Bücher von Dan Millman!
Hat aus deiner Sicht in der Wirtschaft, in der Politik bzw. in deinem privaten Umfeld ein Umdenken Richtung nachhaltiger Entwicklung stattgefunden? -> sprich Regionalität, Kaufverhalten, Einstellung zur Globalisierung,… 

„Nähe“ ist zu einem vielsagenden Wort geworden, denn: Das Gute liegt so nah! Die fehlende Nähe zu Menschen und teilweise Ressourcen oder Produkten zeigt, welche Dinge für uns essenziell sind. Ich glaube, es war längst an der Zeit, Befriedigung im näheren Umfeld zu suchen. Was bietet meine Umgebung? Welche Möglichkeiten finde ich (und in Kärnten sind wir da wirklich gesegnet) in der umliegenden Natur, um meine Freizeit zu gestalten? Welches Produktsortiment hat eigentlich der Greißler um die Ecke und wie sichert die Besitzerin der kleinen Boutique in der Innenstand ihre Existenz? 

Und vor allem: Welche Mühe und Liebe stecken hinter all unseren kleinen und großen regionalen Unternehmen, die sehr wohl in der Lage sind, sich anzupassen und dem unaufhaltbaren Fortschritt auf ihre Weise zu folgen – sei es durch Webshops, Lieferservice oder Online-Workouts: Es ist unglaublich, wie stark unsere heimischen Unternehmerinnen und Unternehmer sind! Ich selbst mache mir viele Gedanken über regionales Einkaufen und bin auch bereit, dafür einmal mehr Geld auszugeben. Ich schätze das Engagement unserer Betriebe sehr und hoffe, dass noch mehr Leute diesen Zugang finden. 

 
Ist es aus deiner Sicht erstrebenswert zur Situation „vor Corona“ zurückzukehren, oder sollte sich etwas verändern – regional/global/privat/in der Wirtschaft?

Die Frage, die ich mir hier stelle, ist: War die Welt vor Corona tatsächlich besser? Ich bin ein großer Fan von Veränderung – wenn sich eine solche Entwicklung ergibt, sollte man niemals zu einer alten Gewohnheit zurückkehren. Ich glaube, nichts passiert ohne Grund. Jeder kann sich nun selbst bei der Nase nehmen und überlegen, was man zu einer besseren Zukunft beitragen kann. Es ist nämlich sehr wohl eine Sache des Einzelnen! Es sind die Entscheidungen von heute, die das Morgen prägen. Und das beginnt im kleinsten Kreis. Das beginnt bei mir selbst. Mir ist die Welt, in der meine zukünftigen Kinder und Enkelkinder aufwachsen, nicht egal. Ich bin überzeugt, dass der Ruf nach Achtsamkeit, Regionalität, Freiheit und Mitgefühl bereits vorher laut war – spätestens jetzt ist er nicht mehr zu überhören. Wir alle tragen eine große Verantwortung – gegenüber uns selbst und unseren Mitmenschen. Wir haben das Glück, hier in Österreich zu leben und Möglichkeiten zu genießen, die in anderen Ländern zum Wunschdenken gehören. Das ist ein großes Los, mit dem wir viel bewirken können. 

 
Was wirst du als erstes tun, wenn die Ausgangsbeschränkungen aufgehoben werden?

Darüber mache ich mir schon die längste Zeit Gedanken. Als erstes werde ich natürlich meine Familie besuchen, langfristig habe ich es mir zum Ziel gesetzt, die bloße Existenz anderer Menschen zu genießen. Wie schön ist es eigentlich, dass wir alle unterschiedlich sind? Und worin liegt eigentlich das Problem, wenn die Menschen auf der Rolltreppe nebeneinander stehen und die Nachbarin mir schon wieder von ihren Balkonblumen erzählt? Pläne habe ich sehr viele – privat und geschäftlich. Ich werde mich aber auf jeden Fall weiter in Geduld üben, die Zeit mit Menschen schätzen und das Leben lieben wie nie zuvor. Und zwar gerade weil mir bewusst ist, dass das wohl die größte Herausforderung meiner Generation ist und – hoffentlich bald – war.

Manu´s Filmtipps:
„Marriage Story“ & die Dokumentation „Minimalism“ (be
ides zu sehen auf Netflix)

Daten und Fakten zum Unternehmen:
Gründung (Jahr): 2020
Mitarbeiteranzahl: keine Mitarbeiter
Tätigkeitsfeld/Unternehmenszweck: Werbetexterin
Homepage: www.manumarkant.at
Kontakt: mail@manumarkant.at

Vielen Dank für das Interview!!

#letsmaketheworldabetterplace – togehter!

Fotos: Roland Scharf